5.11.2004 Frankfurt-Eschborn
ESCHBORN. Die Kooperationsform der Europäischen wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) hat sich bewährt und bietet auch den neuen EU-Mitgliedsstaaten ausgezeichnete Bedingungen. Außerdem sollten die EU und die Schweiz in ihren nächsten bilateralen Verhandlungen darauf einigen, dass die EWIV auch in der Schweiz eingeführt wird. Dies waren die wesentlichen Ergebnisse der 6. EWIV-Praxiskonferenz, die am 5. November 2004 in Eschborn bei Frankfurt/Main abgehalten wurde. Veranstalter war das Europäische EWIV-Informationszentrum, das bei LIBERTAS – Europäisches Institut GmbH (Sindelfingen) untergebracht ist. Die Diskussionen standen unter dem Vorsitz von Dr. Khaled Snouber, Leiter des EIC bei der IBH Wiesbaden, der am Nachmittag von UNITAS EWIV-Geschäftsführer und Managementberater Siegfried Diekow abgelöst wurde.
Eingangs hatte Axel Henkel, Abteilungsleiter für Mittelstand und Außenwirtschaft im Hessischen Wirtschaftsministerium, für mehr Unternehmenskooperation und für Hessen geworben; die Teilnehmer der EWIV-Konferenz, die größtenteils EWIV-Geschäftsführer und –Mitglieder waren, stammten diesmal aus Polen, der Slowakei, Österreich, Luxemburg, der Schweiz und Deutschland. Der Leiter des Europaeischen EWIV-Informationszentrum, Hans-Jürgen Zahorka, ging danach darauf ein, dass die Mitgliederzahl von EWIV, da es kein europäisches Zentralregister gebe (und auch nicht geben müsse), noch unerforscht sei; diese Groesse sei jedoch wichtig für die Kooperation, die diese Rechtsform vertrete. Die EWIV, deren Namen nicht harmonisiert ist, wobei die EU heute 20 Amtssprachen hat, sei nach wie vor die flexibelste und am wenigsten regulierte Rechtsform in der gesamten EU. Heute gebe es ca. 1800 EWIV mit rund 14.000 Mitgliedern in der EU. Auch in den EFTA-Staaten, die in den Europaeischen Währungsraum gegangen sind (Norwegen, Liechtenstein, Island) können EWIV gegründet werden. Ein Problem zu Lasten der Kooperation mit der Schweiz sei es aber, dass dort keine EWIV gegründet werden kann bzw. von dort nur assoziierte Unternehmen teilnehmen können. Die Konferenz drückte Zahorka per Akklamation ihre Unterstützung dazu aus, dass er mit der EU-Kommission und den schweizerischen Behörden im Hinblick auf eine Einbeziehung dieses Themas in die nächsten bilateralen Gespräche in Kontakt gelangt.
Für die Bündelung von konzerninternen Infrastrukturaktivitäten (Fuhrpark, Rechnungswesen, etc.) in Form von EWIV (Outsourcing) aus Gründen der Kostensenkung plädierte Ute Hirschburger, LIBERTAS-Geschäftsführerin und stellvertretende Leiterin des EWIV-Informationszentrums. Zuvor hatte Andreas Löbke aus Luxemburg die Tätigkeit der R.O.L.T. EWIV (Regional Obst Luxemburg Trier) als grenzüberschreitende Vertriebsform für Äpfel vorgestellt – wohl begleitet von Äpfeln aus dem Grenzraum. Diplom-Kauffrau Petra Sandner, Steuerautorin und an der sächsischen Fachhochschule Merseburg tätig, behandelte Themen wie Unternehmereigenschaft der EWIV, Umsatzsteuer, Bilanzpflicht und Bildung von Rücklagen. Hier scheint nach Ansicht der Konferenzteilnehmer große Unsicherheit bei Finanzämtern zu bestehen; in Deutschland ist de Eingriff der Finanzverwaltung recht begrenzt, auch nach einem Schreiben des Bundesfinanzministeriums zur Besteuerung dieser Rechtsform aus 1988.
Schließlich hatten Katarzyna Michno, Rechtsanwältin aus Warschau/Polen, sowie Peter Cavojsky von der Kanzlei Krivak + Co. aus Bratislava/Slowakei die EWIV aus der Sicht dieser beiden neuen EU-Mitgliedsstaaten dargestellt. In beiden Ländern gebe es ein großes Potenzial für derartige Kooperationszentren. EWIV müssen mindestens zwei Mitglieder aus zwei verschiedenen EU-Staaten haben, werden in nationale Handelsregister eingetragen und bezahlen keine Unternehmenssteuer (Gewerbe- und Körperschaftssteuer). In seinem Schlusswort erklärte Hans-Jürgen Zahorka, dass die Tätigkeit des Informationszentrums verstärkt würde, so sei auch an eine Forschung zum Thema virtuelle Unternehmen und EWIV gedacht.